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2019Type
- Doctoral Thesis
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Abstract
Spinozas Hauptwerk Die Ethik ist more geometrico dargestellt. Nach dieser Methode werden ethische Sätze aus einem metaphysischen Nezessitarismus deduziert. Unterliegt eine solche Ethik aber nicht einem naturalistischen Fehlschluss? Kann Metaphysik ein neutrales Fundament sein? Und wie ist das Verhältnis von Metaphysik und Ethik überhaupt zu denken? Das vorliegende Buch will ausgehend von solchen Fragen einen neuen Weg zum Ethischen in Spinozas Philosophie einschlagen. Es zeigt, dass seine Metaphysik schon in ethischen Hinsichten angelegt ist und ohne diese kaum verständlich wird. Spinoza hat bei der Formulierung der grundlegenden Konzepte reale, individuelle und gesellschaftliche, Probleme vor Augen. Methodisch wird diese These durch eine Adaptation der klassischen Problemgeschichte eingeholt.
Folgt man dieser Spur lässt sich weiter zeigen, dass Spinoza in der Behandlung dieser Probleme das traditionelle Vokabular an Grenzen führt, die durch Paradoxien markiert sind. Solche Paradoxien verbergen sich im Begriff der causa sui, in der Erkennbarkeit der Substanz, im Monismus der Substanz, im Verhältnis von Gott und Natur, in der Teilbarkeit des Unteilbaren, in der Individuation von Modi, im Übergang von Ewigkeit zu Zeitlichkeit, und in den Verhältnissen von Kausalität und Finalität, Erkennen und Handeln, Freiheit und Notwendigkeit. Durch den mos geometricus wird jede Paradoxie zunächst invisibilisiert, taucht aber später als ,paradox revenge` in der Ethik wieder auf.
Mit solchen Paradoxien wird nun eine Instabilität und gleichzeitige Verzeitlichung ins System gebracht. Sie erzwingen ihre Auflösung durch neue begriffliche Operationen wie Umdeutungen und Unterscheidungen, die im vorliegenden Buch im Detail aufgezeigt werden. Damit wird eine Dynamik von metaphysischen zu ethischen Begriffen in Gang gesetzt, die Spielräume für Entwicklung und Veränderung schafft. Im methodischen Dreischritt von Problemen zu Paradoxien zu Unterscheidungen werden zudem die traditionellen Dualismen von Ursache-Wirkung, Allgemeinem-Besonderem, Ewigem-Zeitlichem, Geistigem-Körperlichem unterwandert. Anstelle der gewöhnlichen Relationen zwischen ihnen, wie Kausalität oder Subsumption, tritt die Relation des Ausdrucks oder der Expression, die über jene Grenzen hinweg Essenzen und Existenzen neu verbindet.
Damit wird sowohl eine methodische als auch eine inhaltliche Alternative zu den üblichen Deutungen von Spinozas Philosophie als Rationalismus und Naturalismus vorgeschlagen. Ethik nach Spinoza erscheint dann vor allem als Kritik an der Vorstellung, menschliches Handeln könne überhaupt mittels abstrakter Vernunft durch vorgegebene Ziele und vorgesetzte Regeln bestimmt werden. Auch eine ethische Normativität wird denkbar als graduelle und zeitliche Konstruktion aus einem individuellen Streben heraus, die den naturalistischen Fehlschluss umgeht. Ethik und Metaphysik erweisen sich so als analytische Instrumente zur Befreiung und zur Befähigung von Individuen sich ausdrücken zu können. Show more
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https://doi.org/10.3929/ethz-b-000404179Publication status
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ETH ZürichOrganisational unit
03665 - Hampe, Michael / Hampe, Michael
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