Von der Rarität zur Alltagskultur. Der Botanische Garten Zürich und sein Beitrag zur Verbreitung neuer Pflanzen im 19. Jahrhundert

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2020Type
- Doctoral Thesis
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Abstract
Die Dissertation „Von der Rarität zur Alltagskultur“ zeigt auf, wie es dem Botanischen Garten Zürich gelang, in einem Land ohne Häfen, Kolonien und fernab der grossen Gartenbauzentren, durch Handel und Austausch neue Pflanzen einzuführen, in der Gartenkultur zu verbreiten und als aktiver Vermittler zwischen Produzenten und Abnehmern im globalen Pflanzenhandel des 19. Jahrhunderts aufzutreten. Dies erlaubt eine Würdigung der Institution als Zentrum für den Pflanzen- und Wissenstransfer im Kontext der aufblühenden bürgerlichen Gartenkultur im Raum Zürich und darüber hinaus, wie sie bislang fehlte. Zu Beginn klärt die Studie die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen in der Schweiz, die den Nährboden für das wachsende Interesse an Gärten und neuen Zierpflanzen im 19. Jahrhundert bereiteten. Es wird dargestellt, wie sich die Botanik von der Hilfswissenschaft der Medizin zur eigenen Fachdisziplin entwickelte, wer die treibenden Akteure, was ihre Motive waren und wie sie sich in internationale Netzwerke einbanden.
In einem zweiten Schritt werden die Ursachen, Strategien und Praktiken des Pflanzenhandels des Botanischen Gartens Zürich vorgestellt und erläutert, wie er aus der Symbiose von Geschäft und Bildungsanstalt seinen Nutzen zog. Die Entwicklung wird anhand der prägenden Obergärtner Theodor Froebel (1820–1893), Eduard Regel (1815–1892) und Eduard Ortgies (1829–1916) demonstriert. Es wird belegt, worin deren konkrete Kaufmannsarbeit bestand, wie sie bemerkenswerte Kontaktnetzwerke knüpften und den Botanischen Garten eng mit Europa und entfernten Weltgegenden verflochten. Es werden die Schwerpunkte des Handels beschrieben und wie man auf Augenhöhe mit den grossen Handelsgärtnereien im Überseehandel konkurrierte. Hier erklärt sich die zentrale Rolle von Ortgies bei der Einführung gebietsfremder Pflanzen und warum diese in der Geschichtsschreibung bisher keine Beachtung fand. Dass der Botanische Garten sich wesentlich aus im Ausland verkauften Exoten finanzierte, belegen die quantifizierten Pflanzen- und Geldströme.
Im letzten Teil werden die gesellschaftlichen Umbrüche sowie der wirtschaftliche Aufschwung in der Schweiz illustriert und gezeigt, wie die Gartenkultur vom Pflanzen- und Samenhandel des Botanischen Gartens profitierte. Dass eine vielschichtige, aber nur schmale, weitestgehend bürgerliche Gesellschaftsschicht an der Begeisterung für neue Pflanzen partizipierte, dokumentieren die Kundendaten. An ihnen lassen sich die soziale und beachtliche geographische Reichweite des Pflanzenhandels aufzeigen. Kataloge und Lieferungen zeugen von einer ausgesprochen grossen Sortimentsvielfalt. Anhand von repräsentativen Beispielen in den Naturräumen Stadt, Berg und See wird veranschaulicht, wie der Botanische Garten Gartenbesitzer in der Schweiz und in Oberitalien mit fremdländischen Pflanzen versorgte und welche Waren er lieferte. Hierbei wird auf Gehölze fokussiert, da sie in landschaftlichen Gärten eine herausragende Rolle spielen und als einzige materielle Zeugen dieser Epoche überliefert sind. Im abschliessenden Plädoyer wird für die Erhaltung der Pflanzenvielfalt in der Landschaftsarchitektur sowie die Anwendung einer topologischen Perspektive bei der Pflanzenauswahl eingetreten, die sowohl die ästhetische und symbolische Bedeutung eines Ortes sowie sein Erbe und das sinnliche Erleben mit berücksichtigt. Show more
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https://doi.org/10.3929/ethz-b-000478364Publication status
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ETH ZürichSubject
LANDSCHAFTSGESTALTUNG + GARTENARCHITEKTUR (GEBAUTE UMWELT); GESCHICHTE DER GARTEN- UND LANDSCHAFTSARCHITEKTUR; GLOBALGESCHICHTE; WIRTSCHAFTSGESCHICHTE; SOZIALGESCHICHTE (SOZIALWISSENSCHAFTEN); BOTANIK; BOTANISCHER GARTEN ZÜRICH; NETZWERKE; TRANSFERPROZESSE; PFLANZENHANDEL; ZIERPFLANZEN + ZIERGEWÄCHSE + BLUMENZUCHT (GARTENBAU); ENGLISCHE GÄRTEN + LANDSCHAFTSGÄRTEN (LANDSCHAFTSARCHITEKTUR); BÜRGERTUM; UNIVERSITÄT ZÜRICH; KOLONIALZEIT; THEODOR FROEBEL; EDUARD REGEL; EDUARD ORTGIES; OSWALD HEER; SCHWEIZ (MITTELEUROPA). SCHWEIZERISCHE EIDGENOSSENSCHAFT; EUROPA; NORDAMERIKA (USA + KANADA); LATEINAMERIKA; NEUNZEHNTES JAHRHUNDERT N. CHR.; AESTHETICS OF LANDSCAPE ARCHITECTURE (BUILT ENVIRONMENT); HISTORY OF LANDSCAPE DESIGN AND GARDEN ARCHITECTURE; GLOBAL HISTORY; ECONOMIC HISTORY; SOCIAL HISTORY (SOCIAL SCIENCES); BOTANY; BOTANICAL GARDEN ZURICH; NETWORKS; TRANSFER PROCESSES; PLANT TRADE; ORNAMENTAL TREES + WOODY ORNAMENTALS (HORTICULTURE); ORNAMENTAL PLANTS + FLORICULTURE (HORTICULTURE); ENGLISH GARDENS + LANDSCAPE GARDENS (LANDSCAPE ARCHITECTURE); BOURGEOISIE; UNIVERSITY OF ZURICH; COLONIAL TIMES; SWITZERLAND (CENTRAL EUROPE). SWISS CONFEDERATION; EUROPE; NORTH AMERICA; LATIN AMERICA; NINETEENTH CENTURY A.D.Organisational unit
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