Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel und finanzielle Entlastung durch das 9-Euro-Ticket: Ergebnisse einer deutschlandweiten Befragung Financial Relief and Changes in Mobility Behavior Results of a Nationwide Survey on Germany’s Nine-Euro Public Transport Flat-Rate Ticket
Abstract
Die Einführung des 9‑Euro-Tickets (9ET) im Sommer 2022 stellte für Politik und Forschung ein aufschlussreiches Realexperiment dar. Wir untersuchen auf Basis von Daten aus einer bundesweiten Online-Befragung im Juli 2022 (1347 Befragte, quotiert), wer das Ticket nachgefragt und wie sich die Mobilität gruppenspezifisch verändert hat. Dabei legen wir den Fokus auf Einkommens- und Stadt-Land-Unterschiede: Wurden insbesondere niedrige Einkommensgruppen durch das 9ET finanziell entlastet? Welche regionalen Unterschiede sind in der Nutzung allgemein und für den Umstieg von motorisiertem Individualverkehr auf den ÖPNV zu beobachten? Inwieweit sind diese Unterschiede durch die in städtischen und ländlichen Regionen unterschiedliche ÖPNV-Infrastruktur bedingt? Unsere Daten zeigen, dass das 9ET von niedrigen Einkommensgruppen etwas und von Bewohnern von Großstädten deutlich häufiger genutzt wurde als von anderen Gruppen. Auch von der Umwandlung von ÖPNV-Zeitkarten in ein günstigeres 9ET und der entsprechenden Kostenerstattung profitierten diese beiden Bevölkerungsgruppen besonders. Der Effekt der Wohnlage bleibt unter statistischer Kontrolle soziodemografischer Variablen bestehen, schwächt sich aber mit Berücksichtigung der Qualität der ÖPNV-Infrastruktur deutlich ab. Neben zusätzlichen Fahrten kam es auch zur Substitution von Autofahrten: Etwa 10 % der Befragten in unserem Sample gaben an, die Pendelstrecke vom Auto (als Verkehrsmittel der Wahl im Mai) mit Gültigkeit des 9ET im Juni auf den ÖPNV umgestellt zu haben. Auch dies betrifft vornehmlich Stadtbewohner, während im ländlichen Raum der schlechtere Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur eine Barriere darstellte. Show more
The introduction of the 9‑euro ticket (9ET) in summer 2022 was a revealing real-life experiment for policy and research. Using data from a nationwide online survey in July 2022 (1347 respondents, quota sample), we examine who used the ticket and how mobility changed. We focus on income differences and urban–rural disparities: Did the 9ET provide financial relief primarily to low-income groups? Can regional differences be observed in usage and in the shift from private motorized transport to public transport? To what extent are any such differences mediated by different public transport infrastructures in urban and rural regions? We found that low-income groups used the 9ET somewhat, and residents of large cities used it significantly more than other groups did. These two groups also benefited particularly from the conversion of monthly public transit passes to the cheaper 9ET and the corresponding reimbursement of ticket costs. The effect of place of residence persisted with adjustment for sociodemographic variables but weakened significantly when differences in the quality of public transport infrastructure were accounted for. Besides additional trips, a substitution of car trips was observed: Around 10% of respondents in our sample said they switched their daily commuting from car (in May) to public transport after implementation of the 9ET in June. This was the case mainly among urban dwellers, while in rural areas the poorer public transport infrastructure limited the impact of the 9ET on the choice of transport mode. Show more
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https://doi.org/10.3929/ethz-b-000641853Publication status
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Journal / series
Kölner Zeitschrift für Soziologie und SozialpsychologieVolume
Pages / Article No.
Publisher
Springer VSSubject
Natürliches Experiment; ÖPNV; Preiseffekt; Umverteilung; Stadt-Land-Unterschied; Natural experiment; Public transport; Price effect; Redistribution; Urban-rural differencesMore
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